Auf in den Süden (27)

25.02.2024 - 21.03.2024 (244. - 267. Reisetag)

Uwe kommt pünktlich mitten in der Nacht aus Japan zurück. Ich warte auf ihn in der Nähe des Flughafens, damit ich dort keine übermäßigen Parkgebühren bezahle. Das Taxi ist allerdings auch recht teuer.

Da sich die Reise meiner Freundin aufgrund des Streiks am Hamburger Flughafen um 4 Tage verschoben hat, sind wir erstmal zu dritt. Uwe kommt nur langsam wieder an. Er ist absolut Ruhe bedürftig, was unter diesen Umständen natürlich nicht so einfach ist. Da meine Freundin noch wenig von Perth gesehen hat, trennen wir uns am ersten Nachmittag und ich fahre mit ihr in die Innenstadt. Dort machen wir einen schönen Bummel und sie gewinnt zumindest einen oberflächlichen Eindruck von der Stadt. Gleichzeitig wäscht Uwe unser Auto und versucht ein Kiterevival. Leider geht ihm ein Kite kaputt und er kommt nur mit Hilfe heil an den Strand zurück.

Abends gehen wir gemeinsam in Fremantle essen. Das Restaurant (Manuka Woodfire Kitchen) serviert ein superleckeres Menü. Wir sind ganz begeistert. So gut haben wir bei unseren wenigen Restaurantbesuchen in Australien noch nicht gegessen.

Am nächsten Tag bummeln wir durch Fremantle und viele der Läden sind geöffnet. So entdecken wir etliche Kleinigkeiten und probieren, überlegen und kaufen meistens nichts. Die vielen australischen Hüte reizen uns, sowie einige Schuhe, Käsesorten und Vieles mehr. Zum Abschluss gehen wir noch zu einer bewährten Bäckerei und genießen einen Cappuccino und ein Stück Kuchen.

Nachdem wir Gabi am Flughafen abgesetzt haben, geht es wieder in Richtung Baldivis, wo sich der ehemalige Iveco-Mechaniker niedergelassen hat, der uns schon mal geholfen hat. Er macht einen Ölwechsel, lässt die Fehleranalyse laufen und erklärt unser Auto für gesund. Das hören wir natürlich gern. Dann geht es zurück nach Safety Bay, da Uwe seinen Kite repariert haben möchte. Dort wird ziemlich schnell klar, dass er nicht nur erschöpft, sondern sogar krank ist. Er hat Kopf- und Gliederschmerzen und erst leichtes dann immer höheres Fieber. So bleiben wir 3 Nächte in Safety Bay und hoffen auf schnelle Genesung.

Ganz, ganz langsam geht es Uwe besser. Seine Belastbarkeit wird täglich ein wenig mehr, insgesamt ist er aber weit von seinem sonstigen Leistungsvermögen entfernt. Trotzdem entschließen wir uns, die Fahrt fortzusetzen. Wir schaffen viele Kilometer und es wird dabei deutlich, dass Uwe so nicht gesund werden kann. Also fahren wir zum Wharton Beach, den wir so schön finden, und bleiben 4 weitere Nächte dort. Kein Ziel, kein Programm, einfach nur sein! Das hilft – wie schön. Täglich fühlt er sich ein wenig fitter und die freundlichen Lebensgeister kehren zurück.

Nun wollen wir die Nullarbor in Angriff nehmen. Dabei handelt sich um eine ellenlange Straße (1195 km), die durch eine meist eintönige wüstenähnliche Landschaft führt. Sie beginnt bei Norseman und endet bei Ceduna, wo sich auch die Fruchtfliegenkontrollen befinden. Sie sollen den Bundesstaat Victoria u.a. vor Fruchtfliegen, die die Lebensmittelproduktion wohl sehr viel Geld gekostet haben, schützen. Es gibt immer wieder Aussichtspunkte, von denen aus man die Steilküste bewundern kann. Da es im vergangenen Jahr viel geregnet hat, ist die Umgebung der Straße fast immer bewachsen und grün, so dass uns der Vergleich mit einer Wüste etwas befremdlich erscheint.


Auch das längste Stück Straße der Welt, das ohne Kurven auskommt, bewältigt man hier. Es liegt relativ am Anfang der Tour und ist mit 147 km Länge wohl nirgends auf der Welt übertroffen. Dennoch ist es eintönig und lang, diese vielen Kilometer hinter sich zu bringen. Aber wir haben ja keine Wahl, da wir am 22.4. in Sydney sein wollen. Die nächste Fotoreise und für mich vier Wochen Deutschland rufen.

Während wir so vor uns hinfahren, überlegen wir ständig, an welchen Stellen wir halten, was wir noch sehen wollen und wie lange wir wo bleiben sollen. Es ist einfach sehr schwierig einzuschätzen, was sich lohnt und was nicht. Wir haben schon so Vieles auf der Welt gesehen, dass wir auch immer anspruchsvoller werden. So entscheiden wir uns von Tag zu Tag und lassen uns auch ein wenig von unseren aktuellen Stimmungen treiben. So landen wir am Cactus Beach. Das ist ein sehr bekannter Surferstrand mit einem großen Campground. Direkt daneben gibt es schöne Sanddünen, die sich gut auf Drohnenfotos machen. Als die Sonne untergeht, lässt Uwe die Drohne starten. Sofort stehen die jungen Männer, die mit 2 Autos neben uns parken, neben ihm und ermahnen ihn, dass Drohne fliegen über einer „Recreation Area“ nicht erlaubt sei. Sie sind absolut bekifft und haben einen Hund dabei, der hier wohl eigentlich auch an die Leine gehört. Uwe argumentiert freundlich mit ihnen, lässt die Drohne aber am Himmel. Für Tiere ist sie zu weit weg und Menschen sind um diese Tageszeit weit und breit nicht zu sehen. Wie aufmerksam von den jungen Leuten uns belehren zu wollen, statt für die eigene Gesundheit zu sorgen.


Auch auf der Suche nach einem ruhigen Stellplatz werden wir wieder angesprochen. Jetzt werden wir jedoch von einem Herrn gefragt, ob wir uns verfahren haben. Obwohl er sehr freundlich ist, fühlen wir uns bedrängt und haben sofort das Gefühl, dass er uns hier nicht haben will. So können einen negative Erlebnisse beeinflussen. Als wir nach der Nacht im dunklen und ruhigen Dickicht des Waldes eine Drohne starten, kommt ein weiterer Wagen zu uns und der Fahrer will nur wissen, ob wir Hilfe brauchen. Die meisten Australier sind superfreundlich und hilfsbereit. So wie wir es schon so oft erlebt haben.

In den nächsten Tagen fahren wir wieder viel und können die 40°C kaum ertragen. Dankenswerterweise funktioniert die Klimaanlage im Auto, so dass wir die schwierigste Zeit des Tages gut gekühlt hinter uns bringen können. Wir fahren jetzt auf die Yorke Peninsula, die uns sehr empfohlen worden ist. Im kleinen Örtchen Yorketown stellen wir uns auf einen familiären kleinen Campingplatz. Hier haben wir grünes Gras, Duschen und Strom. Für die Hitze also genau das Richtige. Karen Waller, eine Fotografin aus Adelaide, hat Uwe den Tipp gegeben, einen Freund von sich anzusprechen, weil er sich mit den Salzseen der Gegend ausgesprochen gut auskennt. Als Uwe realisiert, dass es sich dabei um den Dorfpolizisten handelt, zögert er ein wenig. Wenn der erstmal etwas ablehnt, kann man es wohl kaum trotzdem tun. Aber wir werden sehr positiv überrascht. Adam ist superfreundlich und von Drohnenfotos begeistert. Er kennt die Gegend wie seine Westentasche und überzeugt uns innerhalb von Minuten von seiner Expertise und Hilfsbereitschaft. Er fährt am ersten Abend mit uns 1 ½ Stunden durch die Landschaft und zeigt uns einen Drohnenpunkt nach dem anderen. Wir sind begeistert. In den nächsten 2 Tagen fahren wir die Punkte in Ruhe ab und machen viele schöne Fotos. Sicher gibt es auch Zeiten im Jahr, wo die Ergebnisse noch eindrucksvoller sein könnten. Aber wir sind trotzdem sehr zufrieden und bleiben tatsächlich 3 Nächte in Yorketown. Danach fahren wir zum Dhilba Guuranda Innes NP und zum Corny Point Reserve Campground. Ersteres ist recht öde, weil es so heiß ist und die Tiere sich verstecken, der Conny Point strahlt mit seinen roten Steinen, dem weißen Sand und dem Leuchtturm. Ein wunderschönes Stückchen Erde. Wir sind an diesem Abend ganz allein dort und spazieren an der Steilküste entlang, genießen den Blick und die kühle Brise.


Am nächsten Tag grasen wir noch drei weitere Salzseen ab, die aber mehr oder weniger trocken und somit langweilig sind. Erst gegen Abend kommen wir an der Küste (Bald Hill Beach) an. Ein Fotograf aus Adelaide hat Uwe angeschrieben und ihm diesen Platz am Meer für die Vogelfotografie empfohlen. Der Sonnenuntergang ist, wie so oft, wunderschön. Zwischen all dem Seegras, auf dem man wie auf Schaumstoff geht, sitzen oft Vögel oder auch Vögelschwärme, die immer wieder starten und landen. Pelikane und Möwen sind auch da. Wir haben ein gemütliches Abendbrot mit Simon und morgens noch einen schönen gemeinsamen Kaffee. Ich mache morgens auch ein paar Fotos. Einfach ist es nicht, die ruhige Atmosphäre mit all den Tieren einzufangen. Aber ich habe es versucht und es hat Spaß gemacht.


Nun geht es weiter nach Adelaide, wo wir tatsächlich 6 Tage bleiben werden. Wir werden eindeutig langsamer. Auf Simons Empfehlung hin, fahren wir direkt ans Meer an die Henley Beach Esplanade. Dort sind wir nicht die einzigen, die übernachten. Obwohl Wochenende ist, finden wir ganz unproblematisch einen Parkplatz mit Blick aufs Meer. Es gibt ein Toilettenhäuschen und Süßwasserduschen, damit man sich nach dem Wassersport vom Salz befreien kann. Auch wenn das Duschen mit Shampoo hier kaum möglich ist, ist es für uns durchaus praktisch. An der Straße befinden sich sehr eindrucksvolle Villen, von denen die älteren fast alle gerade neugestaltet werden. Die Grundstücke sind um die 600 m2 groß und fast durchgängig bebaut. Die Australier bauen nur selten in die Höhe sondern eher in die Breite. Für ihren Fuhrpark allein benötigen sie große Garagen, Keller gibt es wohl auch nicht so oft. Es sieht hier alles sehr wohlhabend aus.

Die Uferpromenade ist fast zu jeder Tageszeit gut besucht. Ab ca. 5 Uhr morgens trifft man die ersten Jogger und Hundespaziergänger. Menschen jeder Altersgruppe betätigen sich sportlich und so hören wir vom Bett aus viele Gespräche, die während der Walking- oder Joggingrunde geführt werden. Das ist ansteckend, so dass auch wir nach Monaten langer Pause wieder unsere Joggingschuhe herausholen. Natürlich trägt auch das angenehm kühlere Klima dazu bei. Gegen Abend wird es sehr früh ruhig. Im Gegensatz zu ländlichen Gebieten gibt es in Adelaide auch abends offene Restaurants und Kneipen, aber in der Woche werden diese ab 20 Uhr nur noch selten besucht.

Wir machen gleich nach der Ankunft einen Spaziergang zum nahegelegenen Henley Square, wo es etliche Restaurants und Geschäfte gibt. Wir überlegen, wo wir wohl essen gehen könnten und können uns nur sehr schwer entscheiden. Das Restaurant, das einladend aussieht, soll laut der Bewertungen bei Google nicht so gut sein, die anderen sprechen uns grad nicht so an. So landen wir nach längerer Zeit bei einem Vietnamesen, dessen Essen gut und preiswert ist und sogar noch für den nächsten Tag reichen wird. Doggy bags sind hier zum Glück völlig normal.

In den nächsten Tagen erforschen wir die Stadt ein klein wenig. Wir probieren z.B. ein australisches Sushirestaurant aus. Wie so häufig werden die Gerichte auf einem Band an den Kunden vorbei bewegt und man kann sie selbst runternehmen. Zu meiner Überraschung gibt es nur sehr wenig rohen Fisch. Stattdessen ist dort Huhn, Schwein, Soja oder Avocado appetitlich angerichtet. Lachs ist überrepräsentiert. Alles, was wir probieren, ist lecker aber doch sehr dem australischen Geschmack angepasst. Uwe, der ja grad erst aus Japan zurückgekommen ist, fällt das sehr auf.

Eines Abends gehen wir in ein vietnamesisches Restaurant. Es ist das erste Restaurant in Australien, das wir besuchen und das ein wenig Stil hat. Die Möbel sind alle passend, es gibt große Bilder an der Wand und ansprechendes Geschirr. Wir sind angenehm überrascht. Bisher hatte fast alles mehr einen Imbissflair, während es hier gepflegt und ruhig zugeht. Das Essen schmeckt auch.


Unser Fokus während unserer Zeit in Adelaide sind die tollen Agavenfotos von Karen Waller, die uns auch einmal zum Kaffeetrinken besucht. Wir suchen die Pflanzen in der Umgebung unseres Stellplatzes, im botanischen Garten von Adelaide und finden die Prachtexemplare dann auf einem Einkaufszentrumsparkplatz auf einen Tipp von Karen hin. Wir experimentieren und üben und bekommen mit der Zeit auch immer schönere Fotos hin. Das macht Spaß und ist auch ein wenig künstlerisch.

Eines Abends spricht uns ein Mann aus der Nachbarschaft an und lädt uns auf ein Glas Wein zu sich nach Hause ein. Wir verbringen einen gemütlichen Abend mit heißen Diskussionen und wundern uns, dass ein Engländer, der fast sein Leben lang in Australien lebt, uns so einfach zu sich einlädt. Üblich ist es hier nämlich, sich im Café oder Restaurant zu treffen, was uns immer wieder erstaunt. In Deutschland ist es viel schneller normal, Menschen zu sich einzuladen und sie im eigenen Zuhause als Gast zu empfangen. So gibt es halt doch einige kulturelle Unterschiede, die man erst mit der Zeit mitbekommt.

Die jungen Camper, die hinter oder vor uns mit ihren Autos stehen, sind immer offen für Gespräche. So lerne ich Maia kennen, die sehr, sehr gern reist und auch schon in Europa gewesen ist. Ich frage sie, ob wir einmal pro Woche ein wenig Englisch machen können, damit ich meine Sprachkenntnisse erweitern kann. Da sie in Richtung Westen und wir in Richtung Osten unterwegs sind, treffen wir uns ab jetzt einmal wöchentlich per Google Meet und sprechen, wobei ich immer kleine Texte zur Vorbereitung bekomme und die Vokabeln mit Hilfe einer App lerne.

Nach 6 Tagen zieht es uns weiter in Richtung Osten und wir verlassen Adelaide, das uns mit seiner ruhigen Ausstrahlung gut gefallen hat.

Weitere Fotos findest du natürlich in der Australien Galerie...

 

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