Die letzten Tage einer großartigen Tour

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Unsere Reise neigt sich dem Ende zu. Wir zählen nicht mehr die Monate oder Wochen, sondern die Tage.

In den nächsten Tagen begeben wir uns auf vor einem Jahr ausgetretene Pfade. Bonito ist unser Ziel. Wir gehen auf den Campingplatz der Pousada Peralta. Dort stehen wir drei Tage, ohne andere Reisende zu treffen. Wir genießen die vertraute Umgebung, schreiben am Blog und gehen in den Ort, um dort im Café Alegra ein wirklich leckeres Eis zu essen. Uwe gelingt es sogar, die Wäschefrau auf der Pousada zu überreden, unsere Wäsche in ihre große Profimaschine zu stecken. Die Lavandarias im Ort berechnen die Kleidungsstücke nämlich einzeln und wollen für ein T-Shit 4 Reais,  also mehr als einen Euro, haben. Bei unseren Wäschebergen wäre das ein kleines Vermögen.

Irgendwann haben wir Lust auf Veränderung, das Wetter wird schlechter – es regnet und die Temperaturen sinken um 10 Grad -  und fahren gen Süden in die Gegend um Jardim. Am Rio da Prata schnorchelt Uwe noch einmal im klaren Fluss und wir sind dreimal 2 Stunden, morgens und abends am Buraco das Araras. Die Papageien sind uns wohl gesonnen und bieten sich für schöne Bilder an. Wir lernen einen Fotografen aus der Gegend von Rio kennen und bekommen viele Informationen über National- und Vogelparks dort. Leider hatten wir die ein Jahr zuvor nicht, sonst hätten wir bestimmt einiges davon besucht.


Als wir etwas unschlüssig  sind, ob wir noch länger bleiben sollen oder nicht, trudeln auf dem Campingplatz Meike und Rolf aus Berlin ein. Schnell lernen wir uns kennen, gehen gemeinsam schwimmen und werfen abends den Grill an. Es ist immer wieder spannend, Erfahrungen auszutauschen, sich gegenseitig Tipps zu geben und zu erfahren, was andere dazu getrieben hat, so eine lange Reise durch Südamerika zu machen.

In Foz de Iguacu treffen wir uns 2 Tage später wieder und wiederholen das Grillen in anderer Umgebung. Wir werden uns sicher auch in Deutschland mal wieder treffen.

Auf der Fahrt dorthin sehen wir an einer Werkstatt im Ort Caarapo einen Mercedes mit Bimobilaufbau stehen. Schnell hält Uwe an und schaut, wer da ist. Die Mechaniker erzählen, dass die Besitzer gerade auf der Suche nach einem passenden Keilriemen unterwegs sind, drinnen aber zwei Mädchen warten. Die beiden drücken sich schon neugierig die Nasen an der Fensterscheibe platt, dürfen aber nicht aufmachen. Uwe telefoniert zwei Mal mit der Mutter der beiden und wir verabreden uns am Campingplatz in Foz de Iguacu.

Am nächsten Morgen besuchen wir den Parqueo das Araras. Ein wunderschön angelegter Vogelpark in dem viele Vögel auch völlig frei in der tropischen Landschaft herum fliegen. So kann man schöne Fotos auch ohne nervige Gitter machen.


Einen Ausflug zu den Wasserfällen auf der argentinischen Seite können wir uns auch nicht verkneifen. Also ausreisen aus Brasilien, einreisen in Argentinien und alles am nächsten Tag zurück. Wir stellen fest, dass uns ein Tag an den Wasserfällen ausreicht und wir nicht, wie ursprünglich geplant, zwei brauchen. Die Erinnerungen an das vergangene Jahr sind doch präsenter als gedacht. 


Uwe schwärmt schon die ganze Fahrt über von einem richtig guten Rodicio. Das heißt, dass während des Essens immer mal wieder ein Kellner mit fertig angerichteten Fleischspießen vorbei kommt und jeder essen kann, bis er oder sie platzt. Die Mercedesfahrer, die übrigens aus Ostholstein kommen, sind inzwischen mit einem beinah passenden Keilriemen ausgestattet und auch ihr Dieselpartikelfilter, der auf der Fahrt nach Iguacu auch noch Ärger bereitete, funktioniert wieder. Sie begleiten uns bei unserer Fressorgie ins Buffalo Branco und sind genauso beeindruckt von dem Essen wie wir. Das Fleisch ist super zubereitet und schmeckt einfach klasse. Das dazu gehörende Buffet lässt auch keine Wünsche offen. Sogar Sushi für die Jüngste ist im Angebot. Wir finden einen guten Draht zueinander und haben einen gemütlichen Abend. Kugelrund gefuttert fallen wir abends ins Bett.

Jetzt treten wir wirklich den Heimweg an. Fast 1000 km sind es bis Ponto Alegre, wo beim Rockhopper alle möglichen Flüssigkeiten (Motoröl, .....) ausgetauscht werden sollen. Da wir doch recht schnell vorankommen, gehen wir ungefähr 120 km vor Porto Alegre auf einen Campingplatz, der etwas von der Straße entfernt liegt. Dort ist kein Besitzer zu sehen und wir stellen uns erstmal hin und genießen die Sonne. Ein Deutsch sprechender Brasilianer erklärt uns, wo der Besitzer, ebenfalls deutschstämmig, wohnt.  Wir verstehen sein Deutsch nicht auf Anhieb, hören uns aber ein. Als es kühler wird, begeben wir uns auf die Suche und landen auf der Terrasse einer Familie, die sich ebenfalls auf Deutsch unterhält. Wir sind sehr überrascht, da wir nicht wussten, dass es so viele Leute hier gibt, die unsere Sprache und etliches an Kultur nach 120 bis 150 Jahren noch so pflegen. Alle sind sehr freundlich und interessiert an uns. Der Campingplatzbesitzer und seine Frau, die im Nachbarhaus leben, schenken uns sogar zwei frisch gepflückte Salate und etliche leckere Apfelsinen. So haben wir einen interessanten Nachmittag in einer Gegend, wo wie nie damit gerechnet hätten.

Den Werkstattbericht schreibt Uwe, da er besser weiß, was sich dort zugetragen hat.

Ja, was soll ich sagen? Ich denke, ich will vorweg ganz klar stellen, dass wir uns in Südamerika super wohl gefühlt haben. Besonders die vielen netten Begegnungen mit den Menschen haben uns immer wieder beeindruckt. Einfach klasse! Einen Einblick in die Arbeitswelt der Menschen in Südamerika haben wir nur sehr selten bekommen. Eine Ausnahme davon sind einige Autowerkstätten. Nicht dass wir große Probleme mit unserem Auto hatten, nein, es handelt sich weitestgehend um Servicearbeiten, die wir immer wieder dort haben machen lassen. So zuletzt in Porto Alegre. Es ist also nicht der erste Werkstattbesuch, von dem ich hier berichte. Alle anderen zuvor ähneln diesem doch sehr. Wir haben diesmal vorher einen Termin gemacht, da wir unbedingt gleich dran kommen wollten, damit wir zügig fertig werden. Um 10 Minuten vor Acht standen wir vor dem Hoftor und mussten warten, bis es 8 Uhr war. In brasilianischen IVECO Werkstätten fängt man um 8 Uhr an zu arbeiten. Die Liste der zu erledigenden Arbeiten war lang, da es deutlich günstiger ist, diese in Südamerika durchführen zu lassen als in Deutschland. Dafür braucht man aber viel, nein sehr viel Geduld. Eine absolute Spezialität von mir ;-).  Ich habe also dem Werkstattmeister erklärt, was alles gemacht werden soll. Nahezu alle Flüssigkeiten bei dem Fahrzeug wollte ich wechseln lassen. Das war also Person 1. Hierfür musste ich als Kunde in das System aufgenommen werden. Da ich Ausländer bin und nicht über die passenden Personenidentifizierungsnummern verfüge, war die Frau an der Kasse, die mit dieser Tätigkeit beauftragt war, überfordert. Es kam also Person Nummer 3  - der Supervisor. Nach ca. 30 Minuten war es geschafft. Jetzt wurde ein Mechaniker (Nr.4) beauftragt, unseren Rockhopper durch zu sehen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Alles schien in Ordnung. Da ich unbedingt vorher wissen wollte, was der Spaß wohl kosten würde, musste der arme Mensch nun die Preise für die einzelnen Tätigkeiten raus suchen – wir reden über Ölwechsel usw. nothing spezial – und alles zusammenschreiben. Für die Ersatzteile ging er an die Ersatzteilausgabe und erfragte jeden einzelnen Preis (Nr.5). Alles wurde mit einem weiteren Kollegen (Nr.6) diskutiert. Dann ging der handgeschriebene Zettel an den Werkstattmeister (Nr.1), der alles in den Computer eingegeben hat. Nach 2 ½ Stunden (150 Minuten!!!) war dann alles soweit fertig. Es konnte begonnen werden. Ich studierte intensiv sämtlich Flüssigkeiten und Flüssigkeitsmengen und stellte dabei zwei Fehler fest. Alle Arbeiten wurden gestoppt und der Auftrag wurde korrigiert. Das Motoröl, der Motoröl- und Dieselfilter waren gewechselt und es ward 12 Uhr. Mittagspause für 1 ½ Stunden! Um 13.40 Uhr (wer fängt hier schon pünktlich an) ging es dann weiter. Dass es einen interessanten Kunden in der Werkstatt gab, hatte sich schon am Vormittag rum gesprochen. Alle, die was bei IVECO zu sagen hatten, kamen, begrüßten uns sehr herzlich und hießen uns in Brasilien willkommen. Natürlich gab es die schon fast üblichen kleinen Geschenke für gute Kunden, wie Cappys und ähnliches (1 Flasche Sekt war auch schon einmal dabei).  Eine für Öffentlichkeitsarbeit beauftragte, sehr attraktive Mitarbeiterin stellte sich uns vor und fragte, ob sie in der nächsten IVECO Zeitschrift für Brasilien einen Beitrag über uns bringen dürfte. Natürlich durfte sie. Fotos wurden gemacht und viele Fragen beantwortet. Selbstverständlich alles auf „ fließend“ Portugiesisch, denn Englisch oder Deutsch sprach hier niemand. Um 16 Uhr war es dann endlich soweit. Die Arbeiten waren abgeschlossen, aber eine Rechnung konnte nicht gedruckt werden, da wir nicht ins System passten. Ich verzichtete kurzerhand darauf, da wir endlich los wollten. Um 16.15 Uhr stand die gesamte IVECO Mannschaft vor uns und jeder verabschiedete sich persönlich, nicht ohne uns zuvor alles nur erdenklich Gute gewünscht zu haben. Warum lateinamerikanische Länder große wirtschaftliche Probleme haben, brauche ich wohl niemandem zu erklären. Aber Effektivität ist wirklich was anderes... Unser Rockhopper surrte wieder vor sich hin und wir nahmen Kurs auf die brasilianisch – uruguayanische Grenze. Bis nach Chuy (Grenzort) waren es nur noch 500km. 


Dank iOverlander finden wir nach einigen Stunden Fahrt im Dunkeln einen ruhigen Parkplatz in der Nähe der Straße bei einem Hotel. Wir entscheiden uns an der Küste Uruguays nach Montevideo runter zu fahren. Doch zuvor müssen wir über die Grenze. Wie schon erwartet, kontrollieren die Uruguayaner unsere Autoversicherung. Sie akzeptieren die Mail auf unserem Laptop und merken nicht, dass die verlängert Police noch nicht bezahlt ist. Das werden wir erst in Argentinien machen können, denn jede Überweisung aus dem Ausland wäre sehr teuer geworden. Leider ist das Wetter nicht mehr so schön, so dass wir nach einem kurzen Blick auf die Küste meist schnell wieder im Auto landen. An den kühlen Wind wollen wir uns noch nicht gewöhnen. Abends bleiben wir in La Paloma, einem kleinen, verschlafenen Nest, das im Sommer bestimmt sehr reizvoll ist. Zu dieser Jahreszeit wirkt es grau und verlassen.

Da wir direkt bei Heinz und Sylvia (Paraiso Suizo) vorbei kommen, fahren wir auch dorthin, um mal zu gucken. Die Beiden haben sich vor vielen Jahren 70 km östlich von Montevideo niedergelassen und einen Campingplatz aufgemacht. Hier beginnen viele Langzeitreisende ihre Tour und kommen am Ende wieder, um gemütlich zu essen und evt. ihr Auto für mehrere Monate stehen zu lassen. Dank ihrer vielen Erfahrungen können die Zwei in jeder Lebenslage gute Tipps geben. Wir treffen hier die Familie aus Ostholstein wieder und zu unserer großen Überraschung auch Irmi und Peter mit Lieschen Müller (ihr Bremach). Glücklicherweise haben wir noch einige Stunden, bevor wir in Montevideo bei der Grimaldiagentur sein müssen. So sitzen wir, genau wie im letzten Januar, in unserem Auto und quatschen ohne Ende. Es gibt viel zu erzählen, wenn man sich 7 Monate nicht gesehen und viel erlebt hat. Die Beiden stehen am Beginn des zweiten Teils ihren Südamerikatrips und sind völlig entspannt. Wir zählen jetzt schon fast die Stunden und genießen jede Minute. Leider müssen wir uns dann doch recht schnell voneinander verabschieden, weil wir unsere Papiere bei der Grimaldiagentur vorlegen und auch die Hafen- und Agentengebühr bezahlen müssen. Wenn das Auto länger als 3 Tage im Hafen steht, muss man 300 $ Gebühr zusätzlich für das Parken im Hafen bezahlen. Obwohl uns das nicht gefällt, lässt die Agentin nicht mit sich reden und Zähne knirschend drücken wir das Geld ab.

Nun geht es weiter zu Sandra Brandt, die einige Kilometer nordwestlich von Colonia ihr Gelände und ihre Halle hat. Im Dunkeln kommen wir an, schnacken noch ein wenig und gehen dann schlafen. Am nächsten Tag beginnt die traurige Packerei. Das Plexiglas der Dachhaube wird abgeschraubt und die Edelstahlkappe drüber gestülpt. Jetzt kann niemand mehr von oben einsteigen. Klamotten werden sortiert, die gute Funktionskleidung eingepackt, die zerschlissenen Sachen in die vorderen Schränke gepackt. Die Linsen, der Kopter und vieles mehr werden sorgfältig verpackt und mit Stahlseilen gesichert . Unsere Reisetaschen sind relativ leer, die Fotorucksäcke umso voller und schwerer. Mit einem komischen Gefühl im Magen machen wir den Rockhopper seefest. Die letzte Nacht bis auf weiteres im Auto! Wir werden es vermissen!

Am nächsten Morgen geht es noch vor Sonnenaufgang zurück nach Montevideo. Die Abgabe am Hafen dauert ganze 30 Minuten. Der Zollbeamte hat überhaupt kein Interesse daran zu arbeiten. Er wirft einen kurzen Blick auf und in den Rockhopper, nickt und unterschreibt irgendwelche Papiere. Dann dürfen wir ihn zum Stellplatz bringen und weg ist er!


Jetzt geht es mit dem Taxi zum Busbahnhof, zwei Karten sind schnell bei der Lini Colonia gekauft. Viel preiswerter als beim Buquebus! Danke für den Tipp, Sandra!

Völlig reibungslos kommen wir in Buenos Aires an und finden unser modernes und sauberes Apartment in San Telmo vor. Diesmal sind wir so schlau gewesen, uns da einzumieten, wo wir gern durch die Straßen trödeln und es viel zu sehen gibt. Aber unsere Stimmung ist eher niedergeschlagen. Ich freue mich zwar sehr auf Zuhause, aber der Abschied fühlt sich auch komisch an. Nun sind mehr als 13 Monate vergangen und wir haben soooo viel erlebt und gesehen. Dennoch genießen wir ein letztes Lomo in einem Restaurant, in dem wir nun schon 3 mal waren. Die vielen kleinen Lädchen und die bunte Mischung von Leuten sind spannend zu beobachten. Tango können wir nicht mehr schauen, da der Platz gerade erneuert wird. Die typisch argentinischen Anfangszeiten am Abend sind für uns leider nichts. Da wir immer mit dem Licht gelebt haben, schlafen wir dann bereits.


Der Rückflug verläuft zum Glück reibungslos und wir kommen gesund und müde in Hamburg an, wo wir von meiner Schwester und ihrem Mann abgeholt werden.

Asta pronto, América Latina!

 

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Kommentare

Kommentar von Rainer Gelling |

Vielen Dank für die ausführlichen Berichte mit den tollen Fotos, die bei jedem Weltenbummler auf große Resonanz stoßen müssen. Mich zieht's auch wieder nach Südamerika, aber dann mit Irmela.
Bis sie demnächst im Ruhestand landet, sind allerdings noch Myanmar, Malaysia und Singapur im Januar + Februar 2017 angesagt.

Kommentar von Frank Burhorn |

Toller Bericht. Tolle Fotos.
Ein Bild von der sehr attraktiven Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit aus der Werkstatt wäre noch schön gewesen.

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