404 Tage, 50.300km, 7 Länder...

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Rückblick auf eine traumhafte Reise

Inzwischen sind wir seit über 2 Monaten wieder in Deutschland. Der Alltag hat uns wieder voll in seinen Fängen, wir laufen wieder in dem Hamsterrad. Als vor 3 Wochen unser Rockhopper unversehrt im Hamburger Hafen ankam, war die Reise dann auch wirklich komplett beendet. Was uns bleibt sind die Erinnerungen, die uns jeden Tag an diese grandiose Zeit zurück denken lassen. „Was haben wir heute vor einem Jahr gemacht? Weißt du noch?“ – das sind Fragen, die uns immer wieder an eine ganz besondere Zeit erinnern. Während bei Silke der Rückreiseblues erst 2 Wochen vor dem Rückflugtermin einsetzte, plagten mich die unschönen Gedanken an den Alltag bereits seit mindestens 3 Monaten. Nur wenige erfreuliche Dinge erwarteten uns in Hamburg, so dass die Vorfreude zumindest bei mir mehr als gedämpft war. Aber was soll das Jammern? Blicken wir doch lieber zurück und lassen die tolle Zeit Revue passieren.

Eins steht in jedem Fall fest. Südamerika ist und bleibt unser Traumkontinent. Grandiose Bergwelten, traumhafte Strände, die Einsamkeit Patagoniens, die Lebensfreude der Brasilianer, die Andersartigkeit der Bolivianer und die wunderschöne Tierwelt des Pantanals – diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Immer wieder werden wir gefragt, welches Land uns am besten gefallen hat, was unser schönstes Erlebnis war, ob wir überfallen worden sind, ob wir Probleme mit dem Auto hatten und ob wir Hamburg vermisst haben.  Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Zuviel haben wir erlebt.

Über 50.000km sind wir auf den Straßen Südamerikas unterwegs gewesen. Wirklich beeindruckt hat uns die Größe Brasiliens. Um von einem Ort zum anderen zu kommen, müssen in Brasilien häufig mehr als 2000km zurück gelegt werden. Ganz Europa passt fast auf die Landesfläche Brasiliens. Neben den langen Distanzen waren da aber auch die vielen, vielen Kilometer auf Schotterstraßen, der Wind in Patagonien, der unseren Rockhopper des Öfteren versuchte von der Straße zu drücken und natürlich die grandiosen Hochlandpisten in den Anden. Natürlich haben wir die Waschbrett- und Schlaglochpisten manchmal verflucht, als wir uns mit Tempo 20km/h im gefühlten Schneckentempo von der Stelle bewegten und die noch zu fahrenden 150km/h ein stundenlanges Geholper bescherten. Dem gegenüber standen die Asphaltbänder Brasiliens mit den unendlich vielen bis zu 30m langen LKW, die sich auch nicht scheuten, kamikazemäßig vor Kurven zu überholen. Aber wie ein Wunder passte es eigentlich immer...

Ein besonderes Abenteuer waren aber die Hochlandpisten in den Anden. Wir hatten zwar keine Probleme mit einem verstopften Dieselpartikelfilter wie viele andere Reisende, aber oberhalb von 3500m wollte unser Rockhopper immer nur nach gutem Zureden anspringen. Wir entwickelten zwar im Laufe der Zeit Routine, aber ein bisschen nervig war es schon. Den Höhepunkt erreichten wir bei Übernachtungen auf über 4600m bei Temperaturen leicht unter dem Gefrierpunkt, wo wir nachts alle 3-4 Stunden den Motor anließen (wenn er warm war, sprang er immer völlig ohne Probleme an), damit wir am nächsten Morgen nicht die unendlich vielen Startversuche hatten. Aber das sind halt die kleinen Unwegsamkeiten, mit denen man zu kämpfen hat, wenn man auf Reisen in unwirtlichen Landschaften unterwegs ist.

 

Natürlich ist ein verlässliches Fahrzeug, in dem man sich wohl fühlt und das die eigenen Bedürfnisse deckt, extrem wichtig. Wir haben so ein Fahrzeug – wie häufig saßen wir in unserem Rockhopper und haben uns gefreut, dass wir so ein „geiles“ Auto haben. Für uns war die Entscheidung genau richtig. Nicht so groß wie ein LKW, deutlich größer, als ein Toyota Landcruiser, extrem geländegängig, bequem wie ein Transporter und in der Wohnkabine genau so ausgestattet, wie wir es uns gewünscht haben. (Einen gesonderten Blogeintrag zu unseren Erfahrungen mit unserem Daily 4x4 schreibe ich noch).  Natürlich hatten wir auch die Möglichkeit, südamerikanische IVECO Werkstätten kennen lernen zu dürfen. Meist suchten wir sie für Servicearbeiten auf, aber auch ein Kühlerwechsel stand mal auf dem Programm. So erhielten wir in diversen Ländern Einblicke in die Arbeitswelt der Südamerikaner. Besonders ich musste eins lernen: Geduld! Hier mahlen die Mühlen einfach dreimal langsamer als in Deutschland. Manchmal scheiterte es schon an der einfachen Bezahlung der Rechnung mit einer Kreditkarte, wie in Argentinien, ein anderes Mal passte unser Kennzeichen nicht in die Maske, um überhaupt einen Auftrag schreiben zu können, wie in Brasilien. (Eine Beschreibung des Werkstattbesuches in Brasilien könnt ihr hier nachlesen). Eins war aber allen Werkstattbesuchen gemein: wir wurden überall extrem nett und freundlich, ja teilweise sogar als VIP Kunden, behandelt, so dass die örtliche Presse benachrichtigt worden ist, um einen Artikel über uns zu schreiben.


Was aber waren nun die großen Highlights unserer Reise? Haben sich die über 50.000km gelohnt, oder wäre ein bisschen weniger einfach mehr gewesen? Hauptverursacher für die über 50.000km war unser Abstecher in den Nordosten Brasiliens. Unser Ziel der Begierde waren die Dünen von Lencois Maranhenses im äußersten Nordosten Brasiliens. Wie weiße Bettlaken ziehen sich die Dünen 70km entlang der Küste und reichen dabei bis zu 40km ins Landesinnere. Durchsetzt mit türkisfarbenen Süßwasserlagunen wirkt die Landschaft surreal und ist ganz klar eines der großen Highlights unserer Reise. Und wenn man sich dann noch für endlose Sandstrände mit Palmen und warmen Wasser begeistern kann, dann hat sich die Frage nach den über 50.000km von selbst beantwortet – ja, es hat sich gelohnt.


10.000 Straßenkilometer weiter südlich und 90 Flugminuten östlich von Punta Arenas (Chile) erreichten wir die Falkland Inseln, wo wir ganze 4 Wochen im Zelt zwischen Pinguinen lebten und fotografierten. Wenngleich auch die klimatischen Bedingungen - meist unter 10°C und nahezu dauerhaft starker Wind - nicht gerade zum Zelten einladen,  so hatten wir auf den Falklands doch eine geniale Zeit. 


Ob Sturm, Sonnenschein, Starkregen, Schneefall oder einfach nur bewölkter Himmel, wir trotzten den Witterungsbedingungen und haben jeden Tag um die 7 Stunden fotografiert und die unglaubliche Tierwelt beobachtet. Mit Sicherheit ist die Art des Reisens nicht jedermanns Sache, aber wir haben es genossen und freuen uns jeden Tag aufs Neue über die vielen, vielen Fotos, die wir mitgebracht haben.


Aber auch die klassischen Highlights Patagoniens mit ihren unendlich vielen Besuchern haben uns beeindruckt. Seit Jahren ist hier ein hochpreisiger Tourismus eingezogen und Besucher aus aller Welt besuchen die Nationalparks Torres del Paine, Perito Moreno und Fitz Roy. Man mag es ihnen nicht verdenken, denn die Berg- und Gletscherwelten sind einmalig, wenn man sie dann zu Gesicht bekommt und sie nicht gerade von dicken Wolken verhüllt sind. Vieles hat sich seit meinem letzten Besuch 1993, wo wir als europäischer Tourist mit eigenem Wohnmobil noch eine Sensation gewesen sind, geändert. Neben luxuriösen Lodges gibt es viele, viele Restriktionen, mit deren Hilfe man die Touristenströme auf feste Bahnen zu lenken versucht. Sehenswürdigkeiten dieser Kategorie ziehen aber nicht nur den gemeinen Pauschaltouristen an, sondern auch viele andere Reisende mit ihrem aus Europa oder den USA mitgebrachtem Wohnmobil, so dass wir viele nette Leute kennen gelernt haben, mit denen wir auch heute noch in Kontakt stehen. Bei einem unserer in der Reiseszene weit bekannten, nahezu schon legendären Latte Macchiato werden Reiseinformationen ausgetauscht und die Stunden werden von dem patagonischen Wind verblasen.  Ausgestattet mit Rucksack, Zelt, Schlafsäcken, Isomatten, Wechselklamotten, Lebensmitteln und einer verdammt schweren Fotoausrüstung, sind wir mehr als einmal in das Hinterland der Nationalparks gewandert, um spektakuläre Sonnenauf- und untergänge vor der Kulisse der patagonischen Bergwelt erleben zu dürfen. Mitten in der Nacht sind wir im Schein unserer Stirnlampen zu einsamen Gletscherseen aufgestiegen, um dann die vom Vollmond beleuchteten Bergspitzen und Gletscher aus unmittelbarer Nähe fotografieren zu können. Einfach nur schön!


6.000km weiter nördlich durften wir ein weiteres Highlight unserer Reise erleben. Im äußersten Süden Boliviens fahren wir die Lagunenroute bis zum Salar Uyuni. Was wäre aber die Tour ohne unsere lieben, lieben Reisepartner Alma und Henry gewesen, mit denen wir bereits seit zwei Wochen durch den Norden Chiles gemeinsam gereist sind. Eigentlich haben wir auf unseren Reisen immer die Erfahrung gemacht, dass es zwar sehr schön ist, mal mit anderen Reisenden gemeinsam für ein paar Tage (max. 7 ) unterwegs zu sein, aber wir wurden auf unserer Südamerikareise eines Besseren belehrt. Nachdem wir schon mit unseren Schweizer Freunden Jeanine und Oliver mit kurzen Unterbrechungen nahezu 3 Wochen gemeinsam auf der Carretera Austral (Südchile) gereist sind und eine tolle Zeit hatten, brach die gemeinsame Zeit mit Alma und Henry alles bisher Dagewesene. Über 4 Wochen waren wir zusammen unterwegs und der Abschied in La Paz (Bolivien), wo sich unsere Wege aus Zeitgründen trennen mussten, fiel uns allen unendlich schwer. Wir haben eine wunderschöne gemeinsame Zeit gehabt, bei der einfach alles passte. Wenn ich da nur an die netten Fernsehabende denke, die uns die Krimiserie Komissarin Lund beschert hat... ;-)


Nun bin ich doch ein bisschen in der Erinnerung abgeschweift, aber die vielen neuen, interessanten Kontakte, sind auch was ganz Besonderes auf einer langen Reise.

Kehren wir zurück zur Lagunenroute in Bolivien, die uns sehr fasziniert hat. Über San Pedro de Atacama (2450m) ging es über einen 4600m hohen Pass hinauf nach Bolivien an die Laguna Verde (4400m). Die Straße schien senkrecht in den Himmel zu führen und unser Rockhopper kam ordentlich ins Schwitzen. Von der Laguna Verde ging es teils über Pisten teils offroad durch die Welt der Anden mit vielen Vulkanen, Flamingos und Geysiren, bis wir letztendlich mitten auf dem Salar de Uyuni standen. Wow – was durften wir da erleben?!? Jetzt wussten wir wirklich, warum wir mit einem Fahrzeug wie dem Unsrigen nach Südamerika gefahren sind. 9 Tage verbrachten wir auf der Strecke – einer Traumstrecke – die uns in ihren Bann gezogen hat. Die absolute Stille auf dem Salar de Uyuni in the middle of nowhere und über uns das Schauspiel der Milchstraße, die so stark leuchtete, als ob sie nur ein paar Kilometer entfernt sei.


Wenn wir aber an Highlights unserer Reise denken, dann darf da das Pantanal in Brasilien nicht fehlen. Jaguare, Papageien, Kaimane, Capybaras, Anacondas, Rosa Löffler, Riesenotter und viele, viele weitere Tiere machen das Pantanal zu einem ganz besonderen Gebiet. Wir waren gleich zwei Mal für längere Zeit dort und nicht nur wir, sondern auch die Teilnehmer meiner Fotoreise waren mehr als begeistert. Wer Interesse an Tieren hat und außer Löwen, Elefanten und Giraffen auch einmal was anderes sehen möchte, der sollte dorthin reisen. By the way – im Juli 2018 biete ich die Fotoreise noch einmal an. Weitere Infos findest du hier.


Ich könnte diesen Text noch Seiten lang fort setzten, denn wir haben so viel erlebt und durften so viele kleine und große Abenteuer erleben. Aber das würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Außerdem steht ja alles, was wir so erlebt haben, in unserem Blog ;-).

Zu guter Letzt bleibt zu sagen, dass einfach alles gepasst hat. Die Verschiffung des Rockhoppers ist ohne Probleme verlaufen, das Haus in Hamburg war nahezu die gesamte Zeit vermietet, wir sind nicht bedroht oder überfallen worden, man hat uns nichts, aber auch gar nichts geklaut und die Begegnungen mit der Natur, den Tieren und Menschen Südamerikas waren einfach klasse. Da stellt sich dann die Frage, wann geht es wieder nach Südamerika. Der Plan steht bereits, nur ein paar Details müssen noch geklärt werden :D.

Vielen Dank an alle treuen Leser des Blogs. Wir sind immer wieder erstaunt, wie viele von euch uns doch zumindest virtuell auf unserer Reise begleitet haben.

 

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Kommentare

Kommentar von Thorsten Kuttig |

Mit großem Interesse habe ich hier bei dir gelesen...vor allem die Berichte zu deinem IVECO (über dessen Suche ich bei dir gelandet bin).
Ich habe gerade meinen neuen Blog fertiggestellt und bereite mich auf die Panamericana vor. In 2.5 Jahren soll es losgehen.

Wir haben sehr ähnliche Überlegungen wie du/ihr, bzgl. der Fahrzeuge und mittlerweile lande ich schon bei Unimog und Co., aber hier sind wir uns sehr ähnlich, denn auf einen gewissen Komfort wollen wir nicht verzichten und zu groß darf es auch nicht sein.

Aktuell bereisen wir die sehr viele Länder mit unserem JEEP Wrangler...aber die Zuladung...puh...raubt mir den letzten Nerv :)

Wie warst du denn mit deinem Iveco zufrieden?
Lebt er noch? Erzähl doch mal :)

Hey..ich bin übrigens auch Landscape-Photographer.
Auf meinen Reisen fotografiere und filme ich sehr viel, brauche also genügend Platz, um von unterwegs meinen Blog ans Laufen zu bekommen.

Ein Erfahrungsaustausch wäre super klasse...

Ich werde mal weiter lesen :)

servus

Thorsten

Kommentar von reiner |

netter abschluss. schön geschrieben. danke

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